Diese Arbeit beschäftigt sich mit der modellbasierten Entwicklung von Fahrbarkeitsfunktionen für Personenkraftwagen (PKW). In der Industrie dominiert der Fahrversuch zur Applikation der Parameter der Fahrbarkeitsfunktionen. Proff u. a. (2020) prognostizieren eine starke Zunahme von Hybridfahrzeugen auf dem Markt in den nächsten Jahrzehnten. Durch die Kombination aus einem Verbrennungsmotor und einem Elektromotor ist die Applikation der Fahrbarkeitsfunktionen für ein solches Fahrzeug komplexer als für konventionelle Fahrzeuge. Somit wird die Applikation der Fahrbarkeitsfunktionen in den nächsten Jahren noch aufwändiger werden, sollte keine Alternative zu den kostenintensiven Testfahrten gefunden werden. Neben prüfstandsbasierten Ansätzen (vgl. Pillas (2017)), sind modellbasierte Ansätze erfolgversprechend (vgl. Bovee und Rizzoni (2016)). Die bekannten Ansätze sind jedoch nur in einem stark eingeschränkten Betriebsbereich validiert. Das Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, einen Beitrag zur modellbasierten Entwicklung von Fahrbarkeitsfunktionen zu leisten und ein Framework zu erarbeiten, welches den Applikationsaufwand deutlich reduzieren kann. Zunächst werden Kriterien zur Fahrbarkeitsbewertung durch eine vergleichende Bewertung ausgewählt. Im nächsten Schritt wird das Systemverhalten in einem großen Betriebsbereich experimentell analysiert. Im Fokus steht dabei die Untersuchung des Einflusses der Reifendynamik auf die Schwingungen. Es wurden Sprungfolgen des Motormoments in einem weiten Betriebsbereich mit einem Versuchsfahrzeug durchgeführt. Anhand dieser Messungen wird das Verhalten der Eigenfrequenz und der Dämpfung des Systems über den Betriebsbereich ermittelt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden in dieser Arbeit mehrere, größtenteils aus der Literatur bekannte, nichtlineare Modelle identifiziert und systematisch bewertet. Schlussendlich kann ein Modell für die Validierung und Optimierung von Fahrbarkeitsfunktionen empfohlen werden. Dieses wird erfolgreich für mehrere Arten von Eingangssignalen validiert, wobei auch auf die Besonderheiten der menschlichen Wahrnehmung eingegangen wird. Im letzten Kapitel dieser Arbeit werden die gewonnenen Erkenntnisse auf die Applikation von mehrstufigen Gradientenbegrenzern als Vorsteuerung des Motordrehmoments angewandt. Es werden drei Methoden gezeigt, welche den Applikationsaufwand verringern. Die modellbasierte Mehrgrößenoptimierung erzeugt eine Vorauswahl an Pareto-optimalen Parametersätzen, aus denen im Fahrversuch ausgewählt werden kann. Eine Vereinfachung davon wird mittels einer Best-Linear Approximation (BLA) mehrstufiger Gradientenbegrenzer hergeleitet. Es wird gezeigt, dass ein Lastwechselvorgang als Superposition aus einem nichtlinearen und einem linearen Teil betrachtet werden kann. Durch Ausnutzung dieser Eigenschaft kann die BLA ausgelegt werden. Die Anzahl der zu applizierenden Parameter kann so um ein Drittel reduziert werden. Zudem kann die Realisierbarkeit des Ansatzes durch eine modellbasierte Applikation eines betriebspunktübergreifenden Parametersatz erreicht werden.
«