Die Strafverfolgung der Piraterie ist auch drei Jahre nach Beginn der internationalen Marineoperationen am Horn von Afrika ein ungelöstes Problem. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Oft wird das Fehlen eines entsprechenden nationalen Piraterierechts als Grund genannt. Fehlender politischer Wille ist der Hauptgrund für einen Verzicht auf Strafverfolgung. Die Verfahren gegen mutmaßliche Piraten sind teuer und langwierig und stellen eine erhebliche logistische Belastung für den anklagenden Staat dar. Die Lasten und Risiken der Strafverfolgung der Piraterie werden von den Staaten nicht altruistisch auf sich genommen, sondern nur, wenn die eigenen Interessen unmittelbar betroffen sind. Die gegenwärtig verfolgte Strategie, das Problem der Strafverfolgung der Piraterie vor Somalia durch Überstellungen in Drittstaaten zu lösen, könnte für die überstellenden Staaten zu einem juristischen Bumerang werden. Art. 105 des Seerechtsübereinkommens stellt keine Grundlage für eine Gerichtsbarkeit von Drittstaaten dar. Eine möglicherweise früher völkergewohnheitsrechtlich bestehende unbeschränkte universelle Gerichtsbarkeit ist jedenfalls spätestens seit der Kodifikation durch das Übereinkommen über die Hohe See und das Seerechtsübereinkommen untergegangen. Ferner stellt sich auch die Frage nach der nationalrechtlichen Strafbefugnis der Drittstaaten. Hiervon unabhängig werden Überstellungen in Drittstaaten, wie die Kündigung des Übernahmeabkommens durch Kenia zeigt, immer nur eine kurzfristige Verschiebung des Problems bedeuten
Bereits zu Beginn der Operation ATALANTA hat es national und international Forderungen nach einem internationalen Gerichtshof für Piraterie gegeben. Denkbare Modelle für ein international(-isiert)es Piraterie-Gericht für Somalia wären ein extraterritoriales somalisches Gericht in einem sicheren Drittstaat, spezialisierte Kammern innerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit Somalias oder regionaler Staaten, ein regionales Tribunal auf multilateraler Basis, ein internationales Tribunal auf bilateraler Basis oder ein ad hoc Tribunal auf Grundlager einer Resolution des UN-Sicherheitsrates nach Kapitel VII UNC. Letzteres ist vor dem Hintergrund zeitlicher und fachlicher Anforderungen an ein internatio¬nal(-isiert)es Gericht die einzig realistische Alternative. Trotz der hohen Fallzahlen macht die Piraterie vor Somalia aber nur etwa die Hälfte aller Fälle aus. Das Beispiel Somalia zeigt, dass jederzeit irgendwo auf der Welt neue Brennpunkte der Piraterie entstehen können. Auch in Asien nimmt die Piraterie trotz anfänglicher Erfolge bei deren Bekämpfung wieder zu. Das Beispiel Somalia zeigt auch, wie schwer sich die Staaten mit der Strafverfolgung der Piraterie tun. Es läge daher im Interesse der Schifffahrtsnationen über ein ad hoc Tribunal für Somalia hinaus eine ständige Einrichtung zu schaffen, die bei Bedarf unverzüglich die Strafverfolgung aufnehmen kann, wenn ein Staat nicht willens oder in der Lage dazu ist. Hierfür bietet sich die Einrichtung einer Abteilung für Piraterie am Internationalen Seegerichtshof an. Für eine effektive Bekämpfung und Strafverfolgung der Piraterie darf die Reform hier aber nicht stehenbleiben. Insbesondere muss die begriffliche Erfassung strafbarer Handlungen durch Einbeziehung der Küstengewässer erweitert und die Durchlässigkeit der Gewässerzonen durch die Einführung eines Rechts der umgekehrten Nacheile verbessert werden. Daneben müssen das Finanzieren und Organisieren von Piraterie und die Absicht, Piraterie zu begehen, unter Strafe gestellt werden. Die Deklarierung zur völkerrechtlichen Straftat und die Einführung einer Strafverpflichtung sind keine Garantie gegen Straflosigkeit, können aber dazu beitragen, dass sich die Staaten einer Strafverfolgung der Piraterie stärker als bisher verpflichtet fühlen. Mit einem Strafgewaltsgerichtshof gibt es auch eine „kleine Lösung“. Dieser könnte die Zuständigkeit zur Strafverfolgung einem der beteiligten Staaten verbindlich zuweisen.
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