Die derzeitige Entwicklung im Bereich der maritimen Sicherheitspolitik lässt darauf schließen, dass neuartige Rahmenbedingungen und Bedrohungsszenarien den Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik im 21. Jahrhundert grundlegend ändern werden. An die Stelle von Risikofaktoren, die einen flächendeckenden, bündnisweiten Krieg in Europa induzieren konnten, ist nun eine Vielzahl von maritimen Faktoren getreten, die sich regional sehr unterschiedlich ausprägen können. Mit Blick auf die globale maritime Entwicklung bis 2030+, die von veränderten Eisbedeckungsflächen im Arktischen Ozean, Veränderungen der Meeresnutzung bzw. der maritimen Wirtschaft und auch gesellschaftlich-politischer Faktoren geprägt sein wird, ergeben sich neue gesellschaftliche und sicherheitspolitische Interessen verschiedener Staaten und Bündnisse, denen die für die Außen- und Sicherheitspolitik Verantwortlichen Rechnung tragen müssen. Dies impliziert die Möglichkeit der kurzfristigen, unmittelbaren An- und Abforderung maritimer Fähigkeiten, in der Regel im Rahmen der NATO oder der EU, auch mit nur kurzen Vorwarnzeiten. In erster Linie, wenn auch nicht ausschließlich, betrifft dieser Sachverhalt die europäische Peripherie. In diesem Rahmen ist eine Langzeitplanung inklusive einer sicherheitspolitischen Früherkennung und Vorsorge notwendig, um auch unwahrscheinliche Szenarien, abgeleitet aus sicherheitspolitischen maritimen Faktoren, einbeziehen zu können. Besonders für die EU und die Bundesrepublik Deutschland spielt die Frage nach maritimen Gegebenheiten auf allen Ebenen und in allen Bereichen des öffentlichen Lebens eine große Rolle. Für diese weitestgehend außenhandelsorientierten und dadurch maritim abhängigen Nationen rücken, neben ungestörten Wirtschaftsströmen auf dem Land-, Luft- und Seeweg, sowie dem Zugriff auf natürliche Ressourcen, vor allem geo- und sicherheitspolitische Aspekte ins Blickfeld, aus denen sich neue Handlungsfelder der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ergeben könnten. Neben den Faktoren, die im wesentlichen Resultat natürlicher und wirtschaftlicher Veränderungen sind, gewinnen Projektions- und Rüstungsbestrebungen von Schwellennationen an Bedeutung, und können zu schwerwiegenden sicherheitspolitischen Spannungen führen, denen die Mitgliedstaaten von NATO und EU politisch und militärisch Rechnung tragen müssen. Ableitend aus allen einzelnen Faktoren des zu erwartenden maritimen Umfeldes bis 2030+ ist grundsätzlich davon auszugehen, dass diese durch drei übergeordnete Aspekte, besonders hinsichtlich der sicherheitspolitischen Handlungsfelder, bestimmt wird. Dies sind die Krisenprävention, inklusive der Abschreckung, die Deeskalation und Friedenserzwingung und die Protektion von strategischen Gütern und Interessen. Damit verbunden ist, begründet aus dem obigen Schutzbedürfnis, die maritime Sicherheit, die bis 2030+ rasant an Bedeutung gewinnen wird, und bis dahin einen fest verankerten nationalen und internationalen Stellenwert einnehmen müssen.
Daraus erwachsen neue Anforderungen an die maritimen Fähigkeiten, im ressortübergreifenden Sinne. Die in der Arbeit genannten zukünftigen Spannungs- und Handlungsfelder erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ebenso wenig wie die abzufordernden maritimen Fähigkeiten. Sie spielen jedoch im ressortübergreifenden Kontext eine Rolle hinsichtlich der Teilhabe an der Umsetzung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Mit den konzeptionellen Betrachtungen zum maritimen Umfeld bis 2030+, die durch die Einbeziehung der neorealistischen Sicht der internationalen Beziehungen politisch-theoretisch unterlegt werden, liegt eine Gesamtanalyse der Faktoren auf einer mittel- bis kurzfristigen Zeitachse vor, die konzeptionelle Ideen für noch zu identifizierende, bzw. bereits identifizierte Erfordernisse vorschlägt und Anstoß für weitere Untersuchungen gibt.
«Die derzeitige Entwicklung im Bereich der maritimen Sicherheitspolitik lässt darauf schließen, dass neuartige Rahmenbedingungen und Bedrohungsszenarien den Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik im 21. Jahrhundert grundlegend ändern werden. An die Stelle von Risikofaktoren, die einen flächendeckenden, bündnisweiten Krieg in Europa induzieren konnten, ist nun eine Vielzahl von maritimen Faktoren getreten, die sich regional sehr unterschiedlich ausprägen können. Mit Blick auf die glob...
»