In der vorliegenden Arbeit wird der Einfluß von Eintrittsstörungen auf das stationäre Leistungs- und Betriebsverhalten des Turboteils von luftatmenden Kombinationsantrieben für Hyperschallflugsysteme untersucht.
Der Einlaufkanal eines derartigen Antriebs muss zu jedem Zeitpunkt der Flugmission einen vorgegebenen Luftmassenstrom bei möglichst hohem Druckrückgewinn zur Verfügung stellen. Aufgrund des weiteren Machzahlbereichs einer Hyperschall-Flugmission sind sowohl der Überschall. als auch der Unterschallbereich des Einlaufes mit variabler Geometrie ausgelegt. Die wegen des Stoßsystems im Überschallteil und werden des oft komplex geformten Unterschalldiffusors entstehenden Strömungsinhomogenitäten gleichen sich in ihrem weiteren Verlauf nicht mehr aus und führen zu Störungen des Strömungsfeldes in einer Eintrittsebene des nachgeschalteten Turbostrahltriebwerks. Das Leistungsverhalten der Turbokomponente wird dadurch reduziert; das wird in experimentellen Untersuchungen nachgewiesen und quantifiziert.
Den Triebswerksmessungen am dafür ausgewählten Versuchsträger, dem Zweiwellen-Zweikreis-Turbostrahltriebwerk LARZAC 04 C5, gehen umfangreiche experimentelle und numerische Untersuchungen des Strömungsfeldes im Inneren des Unterschalldiffusors des Einlaufkanals voraus, um einen genauen Einblick in die Enstehungsmechanismen des Störung zu bekommen. Die Geometrievorgaben des aus dem SÄNGER Projekt abgeleiteten Referenzsystems HTSM des DFG-Sonderforschungsbereiches 225 und des Technologieträgers HYTEX 5.6 dienen als Grundlage zur Erstellung eines skalieren Modells des Diffusors, der in der Meßstrecke eines geschlossenen Windkanals integriert ist. Innerhalb dieser Anordnung können durch die Variation der Zuströmungsbedingungen aus der Flugenveloppe entnommene Mach- und Reynoldszahlkombinationen gewährleistet werden. Das Strömungsfeld innerhalb des Diffusors wird von einer Ablösung im Bereich der Kanaldecke dominiert, die mit Sekundärströmungserscheinungen interferiert, welche durch die komplexe Krümmung der Kanalwände initiiert werden. Das Strömungsfeld am Austritt des Diffusors ist von starken Inhomogenitäten im Totaldruck gekennzeichnet, die von einem Wirbel überlagert werden. Dieser erstreckt sich in etwa über einen Radius der Austrittsebene. Je nach Einbaulage der Turbostrahltriebwerke entsteht eine Störung in Form von Mit- oder Gegendrall in Bezug auf die Rotationsrichtung des ersten Verdichters.
Diese Ergebnisse dienen als Datenbasis für den Entwurf eines Störsimulators, der das vorgegebene Störungsbild über den gesamten Betriebsbereich des Versuchsträgers bei ausreichender mechanischer Sicherheit in der Triebwerkeintrittsebene nachbildet. Die von geeignet geformten Störsieben erzeugtem Totaldruckstörungen werden mit dem abgehenden Wirbel eines angestellten, halben Deltaflügels im Einlaufkanal des LARZAC 04 überlagert. Die Konstruktion der Anordnung erlaubt es, das Triebwerk sowohl mit Mitdrall als auch mit Gegendrall zu beaufschlagen.
Unter diesen Eintrittsstörungen werden neben den stationären Leistungsdaten des Triebwerks auch das Kennfeld und das Betriebsverhalten des Niederdruckverdichters experimentell bestimmt. Das kennzeichnende Ergebnis dieser Untersuchung ist ein starker Abfall der Triebwerksleistung bei gleichzeitiger Erhöhung des spezifischen Brennstoffverbrauchs, wofür sich in erster Linie die Verschlechterung von Druckverhältnis uns Wirkungsgrad des Niederdruckverdichter verantwortlich zeigt. Die Eintrittsstörungen verursachen einen erheblichen Verlust an Pumpgrenzabstand im Kennfeld des NDV, wobei vor allem die Störform mit Gegendrall zu einer erhöhten Belastung der Beschaufelung führt. Die Unterschiede zwischen den beiden Drehrichtungen des Eintrittdralls können in den Verläufen der Totaltemperatur im Niederdruckverdichteraustritt deutlich hervorgehoben werden. Die Eintrittsstörungen sind für Hyperschallantriebe typisch, aufgrund ihrer Entstehung im Unterschalldiffusor und ihrer Struktur aus Totaldruck- und Drallstörung mit Eintrittsstörungen aus Unter- und Überschalleinläufen vergleichbar. Somit sind die Ergebnisse der Triebwerksmessungen auf ähnliche, nicht in Hyperschallantriebe integrierte Turbostrahltriebwerke übertragbar. Der Druckverlust des Störsimulators und die durch die Eintrittsstörungen veränderten Komponentenkennfelder des Triebwerks dienen als Eingabegrößen für einen Leistungssyntheseprogramm zur Simulation des Turboteils des Kombinationstriebwerks. Die damit rechnerisch ermittelten Verluste im Triebwerkleistungsverhalten entsprechen in guter Übereinstimmung denen des Experiments. Mit den im Versuch bestimmten Änderungen in Schub und spezifischem Brennstoffverbrauch wurde zudem die Mission des Hyperschall-Transportsystems nachgerechnet und somit der Einfluß der Eintrittsströmungen auf die Flugleistung bestimmt.
Die Ergebnisse der Modellmessungen des Unterschaffdiffusors werden mit Strömungsfeldrechnungen dreier 3D Navier-Stokes Strömungslöser verglichen und ein Rechenverfahren ausgewählt. Mit Hilde dieses validierten Verfahrens werden neue Kriterien zur Gestaltung von Einlaufkanälen erarbeitet, um nahezu ungestörte Zuströmbedingungen für das Turboteil von Hyperschall-Kombinationsantrieben gewährleisten zu können.
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