Vor allem große und komplexe Projekte des deutschen Infrastrukturbaus werden selten im Kosten und Terminrahmen abgeschlossen und enden oftmals in öffentlich ausgetragenen Konflikten. International wirkt man der Problematik vermehrt mit partnerschaftlichen Ansätzen in Form der
Integrierten Projektabwicklung (IPA) entgegen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwieweit Projekte des deutschen Straßenverkehrsbaus vom Ansatz der IPA profitieren können. Zur Beantwortung dieser Frage erfolgte eine
Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB), welches praxisnahe Forschungen durch die Bereitstellung von Projektdaten ermöglichte.
Straßenbauprojekte stellen naturgemäß komplexe, dynamische und daher oftmals im Vorfeld
schwer zu definierende Vorhaben dar, deren Abwicklung auf spezielle Erfordernisse abgestimmt
werden muss. Im Hinblick auf diese Bedingungen zeichnete sich bereits im Rahmen von eingehenden theoretischen Betrachtungen ab, dass traditionelle bilaterale Abwicklungsmethoden durch ihren konfrontativen und trennenden Charakter eher zu Problemen im dynamischen Projektumfeld
führen als alternative partnerschaftliche Ansätze, wie die der IPA. Um diese der Theorie entstammende These zu validieren, erfolgte eine Analyse von zwei bereits
realisierten und traditionell abgewickelten Projekten des bayerischen Staatsstraßenbaus, welche
durch die Kooperation mit dem StMB ermöglicht wurde. Jene Projekte stellten sich, in Relation
zu vergleichbaren Projekten, als außergewöhnlich komplex sowie großvolumig dar und unterlagen
zudem signifikanten Kostensteigerungen.
Im Zuge der Datenauswertung stellte sich heraus, dass ein Großteil der Ursachen von Kostensteigerungen grundsätzlich auf inhärente Defizite der traditionellen Projektabwicklung zurückzuführen war, wodurch die theoriebasierte These bestätigt wurde. Den Erkenntnissen der Auswertung
zu Folge, hätten die Elemente der IPA bei beiden Projekten deutlich zu einer komplexitätsgerechteren Projektabwicklung und besseren Projektzielerreichung beigetragen. Als primäre Faktoren zur
Optimierung der Projekte konnten insbesondere eine frühere Einbindung der Schlüsselbeteiligten,
die Implementierung von anreizbasierten Vertragsmodellen und die Etablierung eines gemeinsamen Risikomanagements mit risikobasierter Kostenermittlung festgestellt werden. Ein grundsätzlich vorhandener Mehrwert der IPA für den Straßenverkehrsbau konnte daher bestätigt werden. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wurde eine Handlungsempfehlung für die Anwendung der IPA im Straßenverkehrsbau entwickelt. Diese Empfehlung beruht grundsätzlich auf einem fünfteiligen Projektauswahlprozess (Abbildung 2), der es ermöglicht, Projekte anhand ihres
Risikoprofils zu klassifizieren und auf Grundlage dieser Klassifizierung eine Empfehlung für ein
geeignetes Abwicklungsmodell auszusprechen.
Die Handlungsempfehlung verdeutlicht, dass die IPA keineswegs eine universelle Lösung für die
Gesamtheit aller Straßenbauprojekte darstellt und die Anwendung traditioneller Abwicklungsmethoden nicht als grundlegend unzureichend zu betrachten ist. Grundsätzlich sollte die Anwendung
der IPA nur für Projekte mit einem hohen Risiko- und Komplexitätsniveau für das jeweilige Projekt
in Betracht gezogen werden.
Darüber hinaus ist zu betonen, dass ein Mehrwert von einzelnen Elementen des Ansatzes der IPA
auch unabhängig von einer gesamtheitlichen Anwendung gegeben ist. Der Nutzen einzelner Elemente, wie etwa die Anwendung von risikobasierten Kostenermittlungsmethoden oder Building
Information Modeling (BIM), zeigte im Rahmen der Untersuchung einen deutlichen Mehrwert für
die Effizienz einer komplexitätsgerechten Projektabwicklung. Während das Bewusstsein für solche
fortschrittlichen Abwicklungselemente gestärkt werden sollte, ist es unerlässlich, weiterführende
Forschungen im Bereich der IPA zu betreiben, um Straßenbauprojekte zukünftig effizienter und
fortschrittlicher zu gestalten.
«Vor allem große und komplexe Projekte des deutschen Infrastrukturbaus werden selten im Kosten und Terminrahmen abgeschlossen und enden oftmals in öffentlich ausgetragenen Konflikten. International wirkt man der Problematik vermehrt mit partnerschaftlichen Ansätzen in Form der
Integrierten Projektabwicklung (IPA) entgegen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwieweit Projekte des deutschen Straßenverkehrsbaus vom Ansatz der IPA profitieren können. Zur Beantwortung dieser Fra...
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