Das 19. Jahrhundert wird in der Bautechnikgeschichte weithin als das Jahrhundert des Eisens bezeichnet. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt jedoch die Rückbesinnung auf massive Brückenkonstruktionen, die um die Wende zum 20. Jahrhundert einen wahren Boom an derartigen Bauwerken in immer kühneren Abmessungen nach sich zieht. Die Gründe hierfür sind vielschichtig, hauptsächlich ist jedoch die Einführung des Portlandzements zu nennen. Hohe Festigkeit, schnelle Erhärtung und nach einer Einführungsphase auch gute Kontrollierbarkeit des Bindemittels und seiner Eigenschaften ermöglichten eine neue Bauweise, nämlich Konstruktionen aus kleinteiligen, weitgehend unbearbeiteten Steinmaterialien mit hochfesten Zementmörteln herzustellen. Mit dieser Bauweise war zum einen eine drastische Kostensenkung im Vergleich zum Werksteinbau, zum anderen ein explosionsartiger Fortschritt in der Technik der gewölbten Brücken möglich. Wurden anfänglich sowohl die Bauverfahren als auch die Ästhetik der Brücken noch eng an den konventionellen Mauerwerksbau angelehnt, so verschärfte die neue Bauweise bisher untergeordnete Probleme: Die schnelle Erhärtung des Bindemittels sowie die wachsenden Spannweiten erhöhten die Gefahr der Rissbildung deutlich. Diese geänderten Rahmenbedingungen erforderten in der Folge Anpassungen in der Bautechnik wie etwa das Vorbelasten des Lehrgerüstes, abschnittsweises Betonieren bis hin zur Einführung von Gelenken – um nur die wichtigsten zu nennen. Neben der Aufarbeitung der beschriebenen historischen Zusammenhänge legt vorliegende Arbeit auf diese Bautechniken einen besonderen Fokus: Nach der Erläuterung der Problemstellung werden die einzelnen Innovationen beschrieben sowie deren Vor‐ und Nachteile bewertet und daraus die Entwicklungsgeschichte insbesondere im Hinblick auf die Verwendung von Beton hergeleitet. Dabei wird stets der Bezug zur Praxis, insbesondere zu den rund 150 im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Brückenbauten hergestellt. Viele Spuren der Bautechnik kann man nämlich an den derzeit noch vorhandenen Bauwerken ablesen; diese stellen einen ganz entscheidenden Teil des Denkmalwertes einer solchen historischen Brücke dar. Ein besonderes Anliegen der Verfasserin gilt dem heutigen Umgang mit diesen Bauwerken. Die Praxis zeigt, dass viele Konstruktionen durch sinnlose, völlig übertriebene Maßnahmen ihrer Denkmaleigenschaften beraubt wurden und werden – oftmals weil das Wissen um die Bauweise und somit die Grundlage für eine Beurteilung von Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit fehlt. Anhand von Negativ‐ wie Positivbeispielen werden typische, aktuelle Nutzungsanforderungen diskutiert und Hinweise für die Bewertung von Sanierungs‐ oder Ertüchtigungsmaßnahmen gegeben.
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