Die heutige Welt ist von einer Vielzahl komplexer technischer Systeme geprägt, welche von menschlichen Nutzern bedient und geführt werden. Hierzu zählen beispielsweise Automobile, Luftfahrzeuge, die Medizintechnik oder technische Prozesse. Diese Hilfsmittel sollen das Leben und die Arbeitswelt erleichtern. Allerdings verlangt der Umgang mit diesen Systemen auch immer mehr von deren menschlichen Nutzern ab und führt nicht immer zur gewünschten Arbeitserleichterung, sondern stattdessen zu einer Erhöhung der mentalen Beanspruchung (Workload). Deshalb zielen Forschungsansätze seit Jahren darauf ab, die mentale Beanspruchung in komplexen Mensch-Maschine-Systemen durch den Einsatz von Automation zu senken. Das Vorgehen, alles was technisch möglich ist zu automatisieren, hat sich mittlerweile als ein Irrweg herausgestellt, weil dadurch zunehmend Mensch-Maschine-Probleme (Human Factors) in den Vordergrund treten. Heutzutage weiß man, dass sich diese Probleme nur dann lösen lassen, wenn man das Gesamtsystem betrachtet, welches aus menschlichen Operateuren und deren technischen Hilfsmitteln besteht und man, auch von der technischen Seite her, zunehmend auf die Bedürfnisse und den mentalen Zustand der menschlichen Systembediener eingeht. Dieser Erkenntnis entstammt auch die Erforschung moderner adaptiver Assistenzsysteme, die sich an die Operateure und deren mentalen Zustand, insbesondere an die mentale Beanspruchung, anpassen. Auch diese Arbeit versucht hierzu einen Beitrag zu leisten und zeigt, dass Workload-Adaptivität erreicht werden kann, indem man das psychologische Konstrukt der mentalen Beanspruchung geeignet operationalisiert, dieses in Echtzeit messtechnisch erfasst, die Situation in die Zukunft projiziert, Handlungsbedarf feststellt und, unter Berücksichtigung geeigneter Verhaltensregeln, adaptiv interveniert. Das übergeordnete Gesamtziel dieser Arbeit ist die Konzeption eines Workload-adaptiven, kognitiven Assistenzsystems zur Unterstützung von Nutzern komplexer Systeme, welches sich an deren momentanen mentalen Zustand anpasst. Hierfür ist unter anderem die Kenntnis über die momentane Aufgabentätigkeit der Operateure erforderlich. In diesem Rahmen wird deshalb folgende dreiteilige Forschungsfragestellung im Detail untersucht: 1. Wie kann Workload-Adaptivität erreicht werden? 2. Wie kann die mentale Beanspruchung operationalisiert, das heißt technisch in einem Assistenzsystem beschrieben werden? 3. Wie kann die Tätigkeit eines Operateurs in Echtzeit erkannt und damit dessen mentale Beanspruchung abgeschätzt werden?
Mit der Theorie der Aufgabenzentrierten Assistenz wird eine geeignete Operationalisierung der Beanspruchung und ein Gesamtkonzept für ein aufgabenzentriertes Assistenzsystem vorgestellt. Diese Operationalisierung ist kontextreich und lässt sich aus einem Aufgabenmodell ableiten. Die Komponenten sind dabei der Plan, also diejenigen Aufgaben, die zur Erreichung des Missionsziels abgearbeitet werden müssen, die aktuelle Aufgabentätigkeit, der Bedarf an mentalen Ressourcen und beobachtbare Verhaltensmuster. Im Aufgabenmodell werden notwendige Parameter aufgabenspezifisch abgelegt, das heißt statisch jeder Aufgabe separat zugeordnet. Die Beschreibung einer einzelnen Aufgabe sieht dabei Eigenschaften, Beziehungen, Beschränkungen, Evidenzen und den Bedarf an mentalen Ressourcen auf verschiedenen Kanälen und beobachtbare Verhaltensmuster vor. Während der Ausführung werden diese statischen Parameter dynamisch instanziiert. Neben Missionsplanung, Bestimmung des Bedarfs an mentalen Ressourcen und Verhaltensanalyse ist vor allem eine robuste Erkennung der Tätigkeit der Operateure eine Schlüsselkomponente eines aufgabenzentrierten Assistenzsystems. Eine Lösung hierfür ist die Evidenzbasierte Tätigkeitserkennung, welche sich beispielsweise mit Hilfe der Bayes-Klassifikation oder der Dempster-Shafer-Theorie umsetzen lässt. Diese Arbeit beschreibt die technische Umsetzung eines funktionsfähigen Prototyps zur maschinellen Tätigkeitserkennung auf Basis einer vereinfachten Version der Dempster-Shafer-Theorie (DST) und einer Ressourcenabschätzung auf Basis der Theorie multipler Ressourcen von Wickens (MRT). Die Anwendung des Konzepts ist die Führung mehrerer unbemannter Luftfahrzeuge (UAVs) aus dem Cockpit eines bemannten Hubschraubers (Manned-Unmanned-Teaming, MUM-T), welche in einem Hubschrauber-Missionssimulator implementiert und evaluiert wird. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt dabei weniger auf der experimentellen Untersuchung der Methode mit statistischen Mitteln, als vielmehr auf dem ingenieurstechnischen Wissen (Know-how), wie sich das Konzept eines aufgabenzentrierten Assistenzsystems implementieren und anwenden lässt. Die Funktionsfähigkeit der Implementierung wird dabei anhand von Fallbeispielen aus Gesamtmissionen und einer Expertenbefragung in Mensch-Maschine-Experimente nachgewiesen. Die durchgeführten Experimente zeigen, dass das Konzept eines aufgabenzentrierten Assistenzsystems mit maschineller Tätigkeitserkennung und Workload-Abschätzung generell schlüssig und tragfähig ist. Das implementierte Modell weist auf der feingranularen Skala mit Zeitkonstanten im Bereich kognitiver Prozesse von wenigen hundert Millisekunden noch große Abweichungen zu den, von Experten erfassten, Pilotenaufgaben und mentalen Ressourcen auf. Jedoch zeigt sich, dass die Pilotentätigkeiten bei zeitlicher Tiefpassfilterung in die grobgranularen Missionsaufgaben und Workload-Fluktuationen in die Workload-Grundlast übergehen. Diese Ergebnisse sind plausibel und konvergieren gegen die Erwartung. Die Ergebnisse zeigen auch, dass sich mit der entwickelten Methode ganze Missionen automatisiert auswerten lassen und sich in den Daten der Gesamtmissionsexperimente Beispiele für Workload-adaptives Verhalten des Assistenzsystems im Closed-Loop finden.
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