Die Modellierung der Gasstrahlung innerhalb der numerischen Analyse von Verbrennungsprozessen und reagierenden Strömungen mit hoher Enthalpie wird oft vernachlässigt aufgrund der komplexen Mathematik der Strahlungstransportgleichung sowie der komplizierten Beschreibung der spektralen Größen des strahlenden Gases und der starken Zuname der Rechenzeit. Die Herausforderung hierbei ist zum einen approximative Modelle der Strahlungstransportgleichung zu identifizieren und zum anderen geeignete spektrale Modellierungen zu verwenden, die einen optimalen Kompromiss darstellen zwischen Schnelligkeit und Genauigkeit für das aktuelle Problem.
Diese Arbeit untersucht den Einfluss der Gasstrahlung auf eine turbulente, reagierende Strömung in einer Raketenbrennkammer, basierend auf der Hauptbrennkammer des Space Shuttle Hauptantriebsystems (SSME). Aufgrund der hohen charakteristischen Temperatur (≈ 3800 K), des hohen Drucks (≈ 21 MPa) und der Einwirkung stark strahlender Spezies, spielt die Gasstrahlung eine entscheidende Rolle für die Analyse der Wärmeübertragung in Raketenbrennkammern. Um den Einfluss der strahlenden Spezies zu untersuchen, werden zwei verschiedene Verbrennungssysteme betrachtet: Wasserstoff-Sauerstoff (H2-O2) und Methan-Sauerstoff (CH4-O2). Innerhalb des ersten Systems trägt nur Wasserdampf (H2O) und in dem zweiten System tragen sowohl Wasserdampf als auch Kohlenstoffdioxid (CO2) hauptsächlich zu dem Strahlungstransfer, mittels Absorption und Emission, bei. Methan steht derzeit in der Diskussion im Hinblick auf zukünftige Raketenmotoren aufgrund seiner Vorteile gegenüber Wasserstoff. Es ist zu erwarten, dass der Beitrag der Gasstrahlung in Kohlenwasserstoffsystemen, wie beispielsweise Methan-Sauerstoff, zunimmt. Die vorliegende Arbeit macht deutlich, dass beide Verbrennungssysteme als optisch dicht zu betrachten sind, wobei das Wasserstoff-Sauerstoff System eine optische Dicke von 17 und das Methan-Sauerstoff System einen Wert von 32 hat. Aufgrund des optisch dichten Zustandes demonstriert diese Arbeit, dass das Rosseland Modell für die Approximation der Strahlungstransportgleichung angewendet werden kann und physikalisch sinnvolle Ergebnisse liefert. Um den Betriebsbedingungen der SSME Hauptbrennkammer Rechnung zu tragen, wird eine semi-empirische Sprungkorrelation für die Wandrandbedingung der Rosseland Näherung eingeführt. Zudem wird eine modifizierte Rosseland Formulierung in Verknüpfung mit dem Ansatz, der Summe gewichteter grauer Gase (WSGG), für die spektrale Modellierung präsentiert. Diese neu hergeleitete Rosseland Approximation wird anschließend in den CFD Forschungscode NSMB implementiert. Die Ergebnisse des NSMB Rosseland Modells werden auf der einen Seite mit Rechnungen der kommerziellen Löser CFX und FLUENT verglichen, unter Verwendung der Strahlungstransportmodelle P1-Momenten Methode und Diskrete Transfer Methode (DTM) und auf der anderen Seite erfolgt ein Vergleich mit Benchmark Rechnungen aus der Literatur. Die Ergebnisse zeigen, dass Gasstrahlung einen relativ kleinen Einfluss auf das Strömungsfeld innerhalb der SSME Hauptbrennkammer besitzt. Die thermische Grenzschicht wird geringfügig dicker aufgrund der Gasstrahlung. Der Einfluss der Gasstrahlung auf die axiale Temperatur in der Hauptströmung und auf die Wandschubspannung ist vernachlässigbar. Auf der anderen Seite beeinflusst jedoch die Gasstrahlung signifikant den Gesamtwandwärmestrom. Die Ergebnisse von CFX und FLUENT für die H2-O2 Studie zeigen, dass näherungsweise ein Anteil von 7,7 % und für die CH4-O2 Studie ca. 8,8 % des Gesamtwandwärmestromes von der Gasstrahlung verursacht wird. Der NSMB Rosseland Fall induziert einen Einfluss der Gasstrahlung von 32 % für die H2-O2 Studie. Die Berücksichtigung der Gasstrahlung erhöht bei allen drei CFD Lösern die Rechenzeit signifikant, verglichen mit einer Rechnung ohne Strahlung. Die Kombination NSMB-Rosseland erhöht die CPU Zeit um näherungsweise 22 %, CFX-P1 um 51 % und CFX-DTM um 466 %...
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